Lemgo. Im November unternahm eine Gruppe vom Lüttfeld-Berufskolleg eine Gedenkstättenfahrt nach Polen. Zu den Programmpunkten der Fahrt gehörte ein Aufenthalt in der Stadt Breslau, ein Besuch des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau und eine Fahrt nach Krakau, wo sich die Gruppe das Museum „Oskar Schindlers Emaillefabrik“ anschaute. An der Fahrt nahmen 39 Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Bildungsgängen, die Lehrerinnen Yvonne Budde und Michaela Stock, der Lehrer Hannes Mehner und der Schulsozialarbeiter Michael Sauer teil.
Ein Schüler berichtet über den Besuch der Gedenkstätte Auschwitz: „Im Stammlager gingen wir von Gebäude zu Gebäude und dort waren verschiedene Ausstellungen zu sehen. Teilweise waren Möblierungen ausgestellt, auch wurden Filmausschnitte und Fotografien gezeigt. In einem Flur hingen Porträtfotos von verstorbenen Häftlingen, eins neben dem anderen, die ganze Wand war gefüllt. In einem anderen Gebäude waren die gestohlenen Habseligkeiten der Häftlinge zu sehen. Ganze Zimmer voller Koffer, Schuhe, auch Kinderschuhe und Haare, die von den Nationalsozialisten als Stoffmaterial verkauft wurden. Mir ist ein Bild besonders in Erinnerung geblieben, das Foto einer Frau, die völlig entkräftet war. Neben dem Foto war zu lesen, dass diese Frau innerhalb von wenigen Monaten von 50 Kilogramm auf ein Gewicht von knapp 20 Kilogramm abgemagert war. In diesem Raum war zudem in einer Vitrine eine klassische Abendmahlzeit für Häftlinge des Konzentrationslagers dargestellt, eine Schüssel mit Brühe und ein Stück Brot. Wir erfuhren, dass die Häftlinge sich zudem dieses kleine Stück Brot auch noch zur Hälfte aufsparen mussten, denn dies musste für sie als Frühstück genügen.“
Auch von dem Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am folgenden Tag berichtet der Schüler: „Der Eingang des Lagers ist dieses bekannte Gebäude mit den zwei Wachtürmen und dem Torbogen, durch den Eisenbahnschienen verlaufen. Hinter diesem Eingangsgebäude erblickten wie ein schier endloses Gelände, auf dem sich früher sehr viele Baracken befanden, heute sind nur noch die Schornsteine und Fundamente zu sehen. Einzelne Baracken sind bis heute erhalten, diese konnten wir besichtigen. Ich könnte jetzt noch die Gaskammern, die Krematorien, die Massenverbrennungen erwähnen und die mutigen Häftlinge, denen es gelungen war, ein Krematorium zu zerstören, wie uns im Rahmen einer Führung berichtet wurde. Jedoch kann nichts davon wirklich das erklären, was an diesem Ort geschehen ist. An diesem Ort sind mehr als eine Millionen Menschen industriell ermordet worden. Und obwohl ich dort war, die Ruinen und die noch erhaltenen Gebäude gesehen habe, auch Zeichnungen von Häftlingen gesehen habe, die das Grauen dokumentieren, auch Fotografien, vermag ich nicht diesen Wahnsinn zu begreifen. Was ich aber jetzt etwas mehr nachvollziehen kann, ist das Leid, das ein Häftling dort ertragen musste, die Lebensbedingungen, die Kälte, der Hunger, die ständigen Schikanierungen und die totbringende Arbeit, die sie leisten mussten. All dies ist sehr weit von unserem heutigen Leben entfernt und uns unvorstellbar. Der Besuch der Gedenkstätte Auschwitz hat es mir ermöglicht, mir dies etwas besser vorstellen zu können.“
Der Schulsozialarbeiter Michael Sauer betonte, dass es sich nach einem Besuch der Gedenkstätte Auschwitz als eine gute Herangehensweise erwiesen hat, auf freiwilliger Basis zum Austausch über die Erfahrung des Tages einzuladen. „Ich war beeindruckt von der Offenheit und dem Engagement der Schülerinnen und Schüler. „Die Gruppe diskutierte leidenschaftlich über die Bedeutung von Toleranz und die Verantwortung, die wir als Gesellschaft tragen. Es war ermutigend zu hören, dass diese jungen Menschen bereit sind, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen. Und vor allem, dass die Unterschiedlichkeiten der Menschen in unserer Gruppe vom Lüttfeld-Berufskolleg keine entscheidende Rolle spielten und der Umgang miteinander von einem selbstverständlichen Respekt geprägt war.“
Die Gruppe vom Lüttfeld-Berufskolleg war sich einig, dass es wichtig ist, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Es liegt in der Verantwortung aller, dass solche Gräueltaten nie wieder geschehen. Michael Sauer stellte abschließend fest: „Ich bin dankbar für die Gelegenheit, diesen Ort besucht zu haben und hoffe, dass die Gruppe, die mit uns dort war, die Botschaft des Gedenkens und der Toleranz in die Welt tragen wird. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass die Schrecken der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten und, dass wir eine Zukunft schaffen, die von Respekt und Menschlichkeit geprägt ist.“
Ein großes Dankeschön an alle, die diese wichtige Gedenkstättenfahrt möglich gemacht haben.